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Am vergangenen Wochenende startete der Bevölkerungsrat an der Universität Zürich. Rund 100 zufällig ausgewählte Teilnehmende aus der ganzen Schweiz kamen zusammen, um sich kennenzulernen, das Thema Gesundheitskosten zu erkunden und die Basis für ihre gemeinsame Arbeit zu schaffen.
Tag 1: Kennenlernen und Einstieg ins Thema
Vor 9 Uhr trafen die ersten Teilnehmenden an der Universität Zürich ein und erhielten beim Empfang ihr Namensschild sowie Notizblock und Stift. Ausgerüstet und voller Vorfreude, aber sicherlich auch etwas nervös, gingen sie zum ersten Mal die Treppen zur Aula hinauf. Dort stärkten sie sich mit Kaffee und Gipfeli und nahmen, mit Kopfhörern für die Übersetzung ausgestattet, Platz im Saal.
Daniel Kübler, Professor an der Universität Zürich, eröffnete den Tag und erklärte: «Mit diesem Projekt möchten wir eine neue Form der Demokratie testen». Es gehe darum, Menschen aus verschiedenen Lebenswelten zusammenzubringen, Echokammern zu durchbrechen und andere Perspektiven kennenzulernen. Sein Co-Initiator, Prof. Nenad Stojanović von der Universität Genf, ergänzte: «Das Projekt verfolgt keine politische Agenda. Das Thema ‚steigende Gesundheitskosten‘ wurde in einem breiten Prozess gewählt, weil es uns alle betrifft und festgefahrene Diskussionen neu beleben soll.»
Das Moderationsteam von Interface gab anschliessend einen Überblick über den Ablauf des Bevölkerungsrats und leitete erste Interaktionen ein: Die Teilnehmenden positionierten sich im Raum nach Altersgruppe und Wohnort oder fanden sich bei alltäglichen Samstagsaktivitäten wie „noch im Bett“ oder „beim Sport“ zusammen.
Chantal Grandchamp von Unisanté führte daraufhin in das Schweizer Gesundheitswesen ein und stellte die zentralen Herausforderungen vor: begrenzte Ressourcen, Druck auf das Solidaritätsprinzip und steigende Kosten. Andreas Balthasar von Interface vertiefte das Thema der Gesundheitskosten und erklärte den Weg durch das Schweizerische Gesundheitsystem und die Themenfelder: Grundversicherung, Spitäler, Koordination der Versorgung, Mengenausweitung sowie Gesundheitsförderung und Prävention. Teilnehmerin Norma Widmer-Hueber aus dem Graubünden zeigte sich beeindruckt: «Mit einfachen und klaren Worten wurde uns gezeigt, was die eigentlichen Kostentreiber sind. Das erfahren wir in der Bevölkerung sonst nie so deutlich. Warum wird das immer so unnötig kompliziert dargestellt?».
Am Nachmittag erkundeten die Teilnehmenden auf einem interaktiven Marktplatz die fünf Schwerpunktthemen. Fachpersonen standen an Ständen für Fragen und Diskussionen bereit, was für regen Austausch sorgte. Der erste Tag endete mit einem gemeinsamen Abendessen in der Mensa der Universität Zürich – zahlreichen Denkanstössen und Vorfreude auf die kommenden Diskussionen.
Tag 2: Diskussion und Fokussierung
Der Sonntag drehte sich um die Auswahl des Schwerpunktthemas. Nach einer Reflexion der Erkenntnisse vom Vortag gab Andri Heimann vom Zentrum für Demokratie Aarau einen Input zu Zielkonflikten in der Gesundheitspolitik.
Gemeinsam erarbeiteten die Teilnehmenden die Grundlagen für die Abstimmung, bei der sich die Mehrheit für „Gesundheitsförderung und Prävention“ entschied – vor der zweitplatzierten Option „Koordination der Versorgung“. „Es ist an der Zeit, nicht nur Krankheiten zu behandeln, sondern unser Gesundheitssystem stärker auf Prävention und Förderung auszurichten“, meinte Teilnehmer Baptiste Favre aus dem Wallis treffend. Dabei sollen ungenutzte Potenziale ausgeschöpft und gezielt an den Ursachen angesetzt werden, um präventiv Kosten zu sparen. Nach der Themenwahl trafen sich die Teilnehmenden erstmals in regionalen Gruppen, um sich kennenzulernen und tiefer ins gewählte Schwerpunktthema einzutauchen.
Ein gelungener Start
Das Startwochenende markierte den Auftakt eines Projekts, das die Vielfalt an Perspektiven aus der Bevölkerung aktiv in die Diskussion zur Gesundheitspolitik einbindet. Die Teilnehmenden zeigten sich engagiert und motiviert, in den kommenden Monaten tragfähige Lösungen im Bereich der Gesundheitskosten auszuhandeln.
Die Energie und Neugier, die das Wochenende prägten, lassen auf spannende und konstruktive nächste Schritte hoffen. Nun setzen die regionalen Gruppen ihre Arbeit online fort, bevor der Bevölkerungsrat Mitte Februar in Neuenburg für das Diskussionswochenende erneut zusammenkommt.
Loïc Schwab